Der Brecher der Fortuna

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8. Spieltag/ 06.09.2014

Stuttgarter Kickers  vs. Fortuna Köln  2:0

Zuschauer: 3.050

1:0 Fennel (40.)

2:0 Badiane (67.)

 

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Der Weg vom Parkplatz zum Stadion ist kurz, aber gefährlich. Von der Erledigung dringender Geschäfte wird abgeraten. Aus gutem Grund. Nur wenige scheinen sich im Klaren darüber zu sein – doch die berühmten „blauen Parasiten“ lauern überall. Reutlingen setzt jetzt ein Zeichen und sagt: „Wir wollen keine blauen Parasiten.“, denn die Einheimischen wissen es längst: „… sie lieben hohe Luftfeuchtigkeit, ihr bevorzugter Lebensraum sind deshalb Gebüsch, Unterholz, hohes Gras an Waldrändern, Lichtungen, feuchte Wiesen und Gärten. Hier sitzen sie auf der Lauer – meist an der Spitze von Grashalmen –, um von einem Wirt „im Vorübergehen“ abgestreift zu werden…“.   Nach dem Studium der Fachpostille  „Ärzteblatt“ hinreichend über die „Säugetiere“ informiert, konnten sie wohl nicht umhin, auswärtige Fußballfans vor den „auf der Lauer sitzenden“ Übeltätern zu warnen. Im Gefahrengebiet „An der Kreuzeiche“ geschieht dies durch an Laternenpfählen angebrachte Aufkleber: 

Gedränge am Eintrittskartenhäuschen, Gedränge auf der Haupttribühne, was ist hier los? Eine halbe Stunde vorm Anpfiff ist es gerammelt voll und so geraten wir eher unfreiwillig in den Bereich der Haupttribüne Mitte. Prima Sicht aufs Spielfeld und dass rings rum die Leute irgendwelche Bändchen trugen, also mich hat es nicht gestört. Freie Platzwahl hat auch was für sich. Vor uns philosophierten VaterMutterKind beim Anblick der fünfzig mitgereisten Fortuna-Anhänger über Hansa Rostock:

„Da fahren immer so tausend Leute mit.“

„Ja ist auch ein Traditionsverein. Die haben ja mal in der Bundesliga gespielt.“ Ach sach´ bloß.

“Da oben ist sonst weit und breit kein anderer Verein.“

„Da hat mein Vater ja doch recht.“

„Wieso?“

 „Der sagt, die hätten ja auch Zeit.“

 „Mmh, die Rabauken.“

Gemeint war wohl: Wer in Rostock keine Arbeit und demnach viel Zeit hat, kann sich ganz der Traditionspflege widmen, durch die Lande fahren und auf dicke Hose machen? Es lebe das Vorurteil.  

 

Fortuna Köln, immerhin Tabellenzweiter der ewigen 2. Bundesliga-Tabelle hat noch Anpassungsschwierigkeiten an Liga 3. Auch heute konnten sie gegen das  Selbstbewusstsein eines künftigen Tabellenführers nicht anstinken. Wie stellte Trainer Koschinat hinterher fest: „Das war ein hochverdienter Sieg. Mit zunehmender Spieldauer sind Dinge zu Tage getreten, die dann schon einen deutlichen Unterschied gemacht haben – allem voran die individuelle Qualität. Uns ist es in keiner Phase gelungen, die Kickers an ihre Grenzen zu bringen“.

 

Individuelle Qualität bringt vor allem der Neuzugang Besar Halimi mit. Noch keine 20 Jahre alt, wirbelt er an der Seite von Enzo die Mittelfeldreihen durcheinander. Bislang glänzt er als Vorbereiter mit zauberhaften Pässen in die Spitze. Mit Eintracht Frankfurt, Darmstadt 98, 1.FC Nürnberg und einem Stuttgarter Vorortverein hat er schon mehr Vereine kennen gelernt, als Lothar Matthäus Frauen an einem Wochenende. Na jedenfalls, sein linker Fuß – Daumen hoch -gefällt mir.    

 

Auf der anderen Seite kam nach einer guten Stunde der hühnenhafte Ercan Aydogmus ins Spiel. 35 Jahre alt, einsachtundachtzig groß, keine Gewichtsangabe im „Kicker“, aber ich tippe so auf 95 Kilo. Ein Schrank und dabei schnell wie ein 18 jähriger. Mit seinen langen Haaren und dem 8 Tage-Bart erinnerte er ein wenig an Celtic Spieler Samaras. Und wenn Fortuna Köln die Klasse halten sollte, dann durch und mit diesem Mann. Nur er brachte das Fortuna Spiel in die Gänge und sorgte mit seinem Pfostenknaller kurz vor Schluss für die größte Chance der Gäste. Bei einigen Spielern fragt man sich ja, wieso sie in der jeweiligen Liga spielen und nicht ein, zwei Klassen höher oder niedriger. Aydogmus ist für mich so ein Fall. Wahrscheinlich wird er schon aufgrund seines Alters in der 3. Liga seine Karriere  - nach Jahren in der Oberliga Nordrhein und der Regionalliga West - beenden. Entweder hatte er heute einen verdammt guten Tag oder in seiner Karriere nicht das nötige Glück am richtigen Ort vorzuspielen. Vielleicht taucht er ja in dem einen oder anderen Spielbericht im Laufe der Saison auf und dann werde ich mich an ihn erinnern: den Brecher der Fortuna.  


Heute ausnahmsweise etwas mehr Statistik als üblich: die Gesamttabelle und die Heimtabelle.