Atemlos

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33. Spieltag/ 04.04.2014

SV Stuttgarter Kickers vs. 1. FC Saarbrücken  1:0

Zuschauer: 4.050

1:0 Calamita (90.)

 

 

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19.20 Uhr. Der Erste winkte mir schon von seiner Stammplatzecke im G-Block mit fragender Armhaltung entgegen, als ich „atemlos“ - scheiss Ohrwurm - na jedenfalls die Waldau erreichte. Freitagabendspiele schön und gut, nur Zeit sollte man ausreichend haben. Dank mobilen Androidgerätes war ich auf dem aktuellen Spielstand; von den sechs Minuten im Eurotunnel zwischen Bopser und Waldau einmal abgesehen.

 

Schnell noch das obligatorische Busfoto und rein in den Block. Da sich jede Menge Leute auf den Gängen rumdrücken, steuere ich den nächstbesten freien Platz an. Oje was für ein Genörgel oder wie der Schwabe sagt: Gebruddel. Scheint eine Volksstammkrankheit zu sein, die sich von neckarwärts auszubreiten droht. Leute gemach, denke ich. Es steht nullzunull und heute sucht ein akut abstiegsgefährdeter Gegner seine letzte Chance. In dieser ausgeglichenen Liga ist selbst der Tabellenletzte nicht zu unterschätzen.

 

Über einen Umweg bei Meister Röhrich erreiche ich dann kurz vor der Pause doch noch meinen Stammplatz, der - oh Wunder - noch frei ist. Aber auch hier wechseln abgelenktes Geplauder mit angenervten Zwischenrufen zum Spielgeschehen. Nebenbei werden noch die Planungen zur neuen Haupttribühne voran gebracht, die maßgeblich von den Darbringungen des Stadion-DJ beeinflusst scheinen:

 

“Gibts dann einen neuen Namen?”

“Für wen?”

“Fürs Stadion?”

“Wieso?”

“Wegen der neuen Haupttribühne! Und läuft Gazi nicht aus?”

 

Schulterzucken. Dann der Geistesblitz aus dem Ohrwurmzentrum:

 

“Helene-Fischer-Arena.”

 

Leute lachen.

 

Hauptsache die Kickers machen das Ding rechtzeitig klar. Nicht dass die Schlager-Blondine vor der Namenweihe noch heiratet. “Helene-Silbereisen-Fischer-Arena” “Atemlos-Arena” “Silberfisch ...”. . Ich merke, ich schweife ab.

 

Vor uns liegt was in der Luft. Die Blauen im faustschen Bündnis mit der ZVUG geben den Saarländern mehr Chancen als einem ausgeglichenen Spiel gut tut. Allgemeine Zurückhaltung was die spielerische Umsetzung der taktischen und strategischen Vorgaben des Trainergespannes angeht. Nur Mark-Patrick Redl macht das Spiel seines Lebens, wofür er dann vom „Kicker Fachmagazin“ mit der Note 1 und der „Wahl zum Mann des Tages“ belohnt wird. Als Marcel Ziemer die blauen Abwehrreihen Mitte der zweiten Hälfte ein weiteres Mal nahezu widerstandslos durchläuft und aus aussichtsreicher Position ein weiteres Mal an Redl scheitert, steht fest, dass den schwarz-blauen Gäste heute das Mögliche unmöglich ist: Spielgerät ins gegnerisches Tor befördern.

 

300 Leute im Gästeblock folgen über weite Strecken der Begegnung dem Treiben sang- und klanglos. Protest gegen das Söldnertum und die Enttäuschung einer gesamten Spielzeit war zu lesen. Anwesenheit als stummer Protest.

 

“Sekunden, wo man nicht vergisst.” würde Jürgen Klinsmann vermutlich den Saarbrückern zurufen. Die Spielzeit neigt sich rapide dem Ende, die meisten stehen abmarschbereit in den Startlöchern. Ein letzter, nein eigentlich der erste, ernsthafte Angriff der Kickers an diesem Tag. Calamita tut, was zu tun ist und trifft in der Schlussminute.

 

Blau-schwarze Saarbrücker auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Ein weiterer Traditionsklub (Deutscher Vizemeister von 1943 und 1952, sowie Gründungsmitglieds der Bundesliga) verabschiedet sich einstweilen in die Niederungen des Amateursports. Mir ist, als höre ich aus den Autoradios der abfahrenden Saarbrückern „It´s a hard Day“ von Bonnie Tyler:

 

“It's a heartache

Nothing but a heartache

Hits you when it's too late

Hits you when you're down

 

It's a fool's game

Nothing but a fool's game

Standing in the cold rain

Feeling like a clown

 

It's a heartache

Nothing but a heartache

Love him till your arms break

Then he lets you down

 

It ain't right, with love to share

When you find he doesn't care for you

It ain't wise to need someone

As much as I depended on you

 

Ah, it's a heartache

Nothing but a heartache

Hits you when it's too late

Hits you when you're down

 

It's a fool's game.

 

Wenn Helene doch auch bald in den Stimmbruch kommen würde …