ausgerechnet ...

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14. Spieltag/ 18.10.2014

XXX Bad Cannstatt II vs. Stuttgarter Kickers  5:1

Zuschauer: 2.200

1:0 Ginczek (14.)

1:1 Soriano (32.)

2:1 Wanitzek (42.)

3:1 Baumgartl (48.)

4:1 Warnitzek (71.)

5:1 Grüttner (87.)

 

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Gedanklich hatten sich einige schon damit angefreundet, dass sie gerade eine Aufstiegsspielzeit erleben. Bald würden wir wieder auf die Waldau ziehen und im Spätsommer vielleicht schon einem richtigen Derby gegen die Vorstädter beiwohnen können … Flutlichtspiele am Montagabend gegen den HSV oder auswärts bei den Sechz´gern in der Arena … peng. Fast kippte mir die Kaffeetasse auf die „Stuttgarter Nachrichten“. Gerade überflog ich noch die Leserbriefe deprimierten Anhänger der Brustringmannschaft, da lese ich was?: „Kickers Kapitän fällt lange aus“ „ Das ist ein Schock! [Sic] … zehn Wochen…. bis zur Winterpause…verzichten.“ Das passt jetzt aber gar nicht, wieso verletzt?, aber wir brauchen ihn doch, aber und so lange und nun? Lief ja auch irgendwie alles so gut. Zu gut. Ausgerechnet jetzt.


Bis zum Spieltag hatte sich der Schock einigermaßen gelegt und Horst Steffen würde schon wissen, was er macht und wen er aufstellt. Marco Gaiser, 21 Jahre jung, sollte Enzos Part im Mittelfeld übernehmen. Auf ging´s zum Ponyhof nach Aspach - Stadtderby auf dem Land. Das prophezeite Großchaos beim Anreisen blieb trotz S-Bahn-Streik und B14-Sperrung aus. Und wenn beim nächsten Mal noch einige Ordner bereit gestellt werden könnten oder wenigstens einige Hinweisschilder, dann parken wir gleich richtig ein. Ein quadberittener Landwirtsbursche erklärte den verdutzten Großstädtern, dass sie sich auf einer „Futterweide“ befänden und er wahlweise alle Autos abschleppen oder auf der Fläche heute Gülle ausfahren werde. „OK, fahren wir halt in euer Parkhaus“. Nachdem dieses Problem auch gelöst war, eine Bratwurst das Mittagessen ersetzte und die neue Zaunfahne endlich angebracht war, da wurde es ziemlich warm. So in der Sonne, auf den schwarzen Plastestühlen – nicht zum Aushalten. Von weiter oben sah der Rasen auch nicht besser aus und im Laufe des Spiels zeigte sich ein um andere Mal, dass es ein ziemlicher Acker sein musste. 


Die Kickers-Anhängerschaft hatte sich in Mindestanzahl (1.850) versammelt, die Heimmannschaft stellte 50 Zuschauer, der Rest (200) drückte sich vor landwirtschaftlicher Arbeit und ging lieber zum Fußball. Die Blauen gingen mit viel Respekt in die Partie und agierten zunächst vorsichtig. Der Schiri probierte mit dem Freistoßspray herum, lies elfmeterreife Fouls einfach mal durchgehen und zog sich im Laufe der Zeit den Zorn beider Lager zu. Ohne klare Linie pfiff er kleinlich bis gar nichts und eine Tätlichkeit ist dann zwar ein Freistoß aber noch lange keine rote Karte. Ganz schön schwach sowas. 


Eingeleitet mit einer Balleroberung und einem konterartigen Angriff nutzten die Vorstädter ihre zweite Chance und gingen in Führung. Die jetzt beginnende beste Phase der Blauen hielt eine Viertelstunde an und gipfelte im Ausgleichstreffer durch einen artistischen Seitfallzieher von Soriano. Die Welt schien wieder in Ordnung zu kommen, der Rhythmus endlich gefunden.

   

Als die Vorstädter aber immer öfter vor Korbian Müllers Tor auftauchten, weil sie zum Teil deutlich schneller liefen und spielten, dabei auch noch körperlich athletischer wirkten, da war´s dann langsam aber sicher vorbei mit der blau-weißen Herrlichkeit. Noch vor der Pause der Rückstand, der sich kurz nach Wiederanpfiff auf ein heute uneinholbares DreiEins vergrößerte. Enzos Fehlen machte sich bemerkbar. Gaiser lief zwar viel, fehlte aber auch hin und wieder dort, wo er hätte sein sollen. Die Abwehr wirkte heute unsicher und behäbig, so dass die technisch geschulten Vorstädter mit schnellen Kombinationen und einer gnadenlosen Effizienz das Ergebnis hochschrauben konnten. Derby hin oder her – heute gab es nichts zu holen. Die Ergänzungsspieler aus dem Bundesligakader, ein konfuser Schiedsrichter und der - wie immer gegen die Kickers - sehr gut aufgelegte Torwart Vlachodimos machten den Unterschied. Wenn dann doch ein Blauer den Weg vor das gegnerische Tor fand, war da immer noch dieser Sama, der „keine Verwandten zu kennen“ scheint. Seinen Spielstil würde ich mit „konsequente Härte“ beschreiben.


Die Sonne und das Spielgeschehen hatten uns ermattet, so dass wir froh waren, als der Abpfiff ertönte. Vor dem Stadion waren die Ordnungshüter gerade dabei drei Anhänger der Blauen dingfest zu machen. Der Tatvorwurf blieb unklar.  


Für die Wiesenparker ging „der Spass“ jetzt erst richtig los. In einiger Entfernung zum Stadion waren in legaler Weise Futterweiden zu Parkflächen umfunktioniert, auf denen sich die Karossen festfuhren.Besonders übel hatte es einen Kleinwagen erwischt, der den mittig über den Platz verlaufenden Graben übersehen hatte und nun mit 45 Grad-Neigung dem Unheil zu entfliehen suchte. Ehrensache, dass man sich gegenseitig half, aber hier ging nichts mehr. Wenn das drittligataugliche Anlagen sein sollen, weiss ich auch nicht mehr, wenn man bedenkt, dass gerade einmal 2.200 Zuschauer anwesend waren. Über mir bislang unbekannte Dorfschaften umging ich Straßensperrungen und Autobahnstau. Als mich aus einem Kuhstall direkt an der Straße ein Bulle beäugte, machte ich schleunigst, dass ich davon kam und alsbald die Stadtmauern des Stuttgarter Kessels erreichte. 


Fazit: Reutlingen ist wenigstens eine Stadt mit befestigten Verkehrsflächen und der Ponyhof kein gutes Pflaster der Blauen.

            


aufm Platz vermisst, hier doppelt
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