Stark

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17. Spieltag/ 08.11.2014

Stuttgarter Kickers vs. SC Preußen Münster 1:1

Zuschauer: 3.150

0:1 Zenga (25.)

1:1 Badiane (56.)


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Was Münster und die Kickers in der ersten Halbzeit ablieferten, war zugegebener-maßen keine Werbung für den Fußball. Die Spieler waren so sehr mit der Bearbeitung des Gegners beschäftigt, dass der Ball nur selten in gefälligen Stafetten den gegnerischen Torraum erreichte. Folgerichtige fällt das Nulleins nach einem Freistoß. „Spielfreude und Spaß“ hatte Horst Steffen in einem Zeitungsinterview versprochen, doch mit fortschreitender Spieldauer verlor das Kickers-Spiel immer mehr den Faden. Dem Geholze folgten zahlreiche Blessuren:  Münsters Torwart: Gehirnerschütterung, Bruch der Nasenwurzel, Anbruch eines Handwurzelknochens; Gerrit Müller: Hüftverletzung;  Münsters Piossek: Kopfverletzung mit anschließender Turbanisierung. Zum Schluss- und Tiefpunkt der Halbzeit dann die rote Karte gegen Baumgärtel, der mit der Sohle voran den auch auf den Ball zurauschenden Piossek abräumt. Als drei Minuten später Braun von einem Münsteraner mit ähnlich unfairem Einsatz  gelegt wird, war´s nur „gelb“. Konsterniert und wenig hoffnungsvoll erwarteten wir den zweiten Durchgang.

 

Wir wurden nicht nur nicht enttäuscht, nein, wir waren wieder richtig begeistert. Die Blauen hatten sich gefunden. Enzo hatte sich die Jungs im Kabinengang zur Brust genommen. Mit 10 gegen 11 spielten sie die einfallslosen Münsteraner an die Wand. Angetrieben von Halimi und Braun läuft´s plötzlich wieder. Nach Badianes Ausgleich traf zwar Soriano noch einmal ins Tor, allerdings aus Abseitsposition. Ausgepumpt schleppten sich die Blauen der 90 Minuten Marke entgegen und wurden kurz vor dem Abpfiff fast noch um den hochverdienten Punkt gebracht. Korbian Müller rettete in artistischer Manier, als er zunächst auf dem falschen Fuß die Kurve doch noch kriegte, um dann dem heranstürmenden Angreifer den Ball im Fallen durch die Beine zu boxen. Glück gehabt. Das „Glück haben“ machte uns glücklich und kannte fast keine Grenzen mehr, als uns die frohe Kunde aus Rostock ereilte: VierEins Heimsieg gegen die Vorstädter.         

 

Was mir neulich wieder auffiel: Aus der Mode gekommen ist das Mitführen und vor allem Benutzen von Fanfaren/ Schalmeien im Stadion. Da mit derlei ruhestörenden Getröten im Zweifel auch geworfen werden könnte, vermute ich, dass die Verbannung auf immer ausgeklügelteren Stadionordnungen beruht. Oder den ehemaligen Bläsern ist es mit den Jahren selbst über geworden, so wie das Tragen Ihrer Kutten. Was in den 80ern sogar auf Bezirkssportanlagen Gang und Gebe war, entwich mit den Jahren sang- und klanglos dem Bewusstsein der Fußballmassen. Mit der WM 2010 versuchte die Trötenindustrie ein Revival, das sich in Deutschland als Rohrkrepierer erwies. Wer mit einem Ding, das er für jeden 15-Euro- Einkauf bei Lidl oder mit jeder Tankfüllung bei Shell gratis hinterher geworfen bekam, im Stadion einen auf Stimmungsmacher gab, dem stand das Kainsmal des „Erfolgsfan“ quasi schon auf die Flöte geschrieben. Die Bienenschwarmimitationen ermüdeten auf Dauer und hatten bei den tonangebenden Fangruppen eh keine Chance, da diese sich aufs Singen und Klatschen verlegt haben. Wikipedia weiss zum Thema „Tröte“ zu berichten, dass derselben „…. in der Regel als Kinderspielzeug oder von Erwachsenen zur Aufmerksamkeitsgestaltung verwendet [werden], z. B. für besondere Anlässe, in denen laute (und unmelodische) Töne erwünscht sind, wie Fußballspiele…*“.

 

„Aufmerksamkeitsgestaltung von Erwachsenen durch unmelodische Töne“ - in einem Fußballstadion? Was Schiedsrichter Stark mit seiner Trillerpfeife zum Besten gab, verschaffte ihm an diesem sonnigen Herbstnachmittag eine Menge Aufmerksamkeit. Vieles, was er uns mittels der von ihm durch Luftturbulenzen erzeugten Töne im Rahmen seiner Regelauslegung kundtat, war nicht nur unmelodisch, sondern auch schwer verständlich. Auf großzügige Gesten folgten kleinliche Rechthabereien. Vergleichbare Vergehen wurden scheinbar willkürlich unterschiedlich bewertet. Erst nichts, dann alles und dann noch ´ne rote Karte. Wer als Schiedsrichter im Mittelpunkt steht, macht meistens etwas falsch. Unsere Antwort war nicht weniger unmelodiös: Pfiffe mit oder auf den Fingern. Aber wenn ich mich so umsehe, scheint das Fingerpfeifen genauso auf dem absterbenden Ast der in Vergessenheit geratenen Fähigkeiten zu sitzen, wie das Trötenblasen.  Bei youtube haben findige Computernerds dem Fingerpfeifen bereits digitale Denkmäler gesetzt. Wer die Kunst des Geräuschemachens mittels eigener Körperteile gar erlernen möchte, der kann sich die Tricks und Kniffe in Tutorials ablauschen. „Tutorials“? Ich hatte den Vortragenden erst gar nicht richtig verstanden was er meinte, als er mit seinem dahingenuschelten „Tut-Ohr-iral“ in einen fünfminütigen Erklärungsversuch abschweifte. Am Ende kam dann doch noch was heraus und ich musste den Lautstärkeregler etwas herunterdrehen. Selbst brauche ich das nicht mehr lernen, denn mit dem Pfeifen ist es wie mit dem Schwimmen oder Radfahren oder Fußballspielen. Einmal geschnallt, immer geschnallt. Offensichtlich stand mir in Kindertagen kein trötenartiges Spielzeug zu Verfügung, aber Zeit hatten wir ohne Ende. Also hieß es: Rauf aufs Klettergerüst und üben, üben, üben. Und Pfeifen auf den Fingern war fast so cool, wie Rauchen. Also Rauchen damals. Heute ist Rauchen irgendwie auch nicht mehr cool und in wenigen Jahren raucht auch im Stadion wahrscheinlich keiner mehr. Es sei denn, er hat ´ne Kutte an und in der anderen Hand die Tröte parat.  

 

* Wikipedia: Stichwort Tröte

Auf die Plätze! Fertig! UND LOS!
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noch 0,58 Sekunden bis zum Rückstand
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die Rote
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die nächste Verletzungspause
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 Fingerzeig
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Flasche leer
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