wir können es noch

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Spieltag 29/ 15.03.2014

Stuttgarter Kickers vs. Chemnitzer FC 0:3

Zuschauer 3.830

0:1 (15.) Kegel

0:2 (25.) Garbuschewski

0:3 (85.) Fink

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Trainer Steffen hatte sich die Kapuze seiner Kapuzenjacke übergestreift. Nieselregen bei lausigen Temperaturen.Tageslicht mit Grauschleier und ein Rasen, der auch schon grüner und satter war. Einer seiner Hochleistungsspieler hatte im 4 gegen 4 den Ball nicht erwischt und er, der Trainer, stakte gedankenverloren hinterher. War es nicht gestern noch so schön, als wir die Spielvorbereitung in kurzen Hemden und Hosen mit einem genüsslichen Blick auf die Tabelle ausklingen ließen? An den verbleibenden Spieltagen werden wir die ersten drei Mannschaften nicht mehr einholen können und hinter uns haben sich genug gesammelt, die auch am Ende hinter uns stehen werden. Das wusste er, aber was viel fataler war: das wussten alle anderen auch. Seine Spieler, die Gästemannschaft, die Medien und auch die Zuschauer. Der Gegner braucht die Punkte dringend. Der Gegner hat demnach ein Ziel. Wir haben es schwer ein Ziel zu definieren. Das sind Luxusprobleme, die träge machen.

 

50 Meter entfernt beobachte ich Trainer Steffen mit seiner Kapuze beim Ballholen. Dirk Schuster hätte sich eine kurze Hose herausgesucht und ein Poloshirt sowieso. Auch eine Art Zeichensetzung. Schaut her, ich bin so heiß, dass ich selber spielen würde. Die Blauen spulen ihr gewohntes Aufwärmprogramm durch, klatschen sich ab und schieben die Motivationsproblematik irgendwie weg. Etwas, das aussieht wie eine Bierkiste, bleibt auf dem Rasen zurück. Während sich der Chemnitzer Anhang warm singt, versucht der Stadionsprecher Normalität zu verbreiten. Aber unter den Zuschauern sehe ich nur wenige, denen sowas wie Vorfreude auf die kommenden 90 Minuten ins Gesicht geschrieben steht. Ein schlechtes Omen oder nur die Ruhe vor dem Sturm? Beim Einlauf der Mannschaft gibt es eher verhaltenen Applaus.

 

Die himmelblauen Chemnitzer tragen heute rote Spielkleidung und haben sich eine entsprechend rotfuchsige Taktik überlegt oder bei unserem Heidenheim-Spiel abgeschaut. Frühes Stören der Kickers-Verteidiger soll einen ruhigen und geordneten Spielaufbau der Blauen verhindern. Es funktioniert. Lange Bälle von hinten raus sind mittlerweile auf der Waldau verpönt. Da es nach vorne entweder keine Anspielstation gibt oder zu wenig Zeit eine zu suchen, erleben wir eine unruhige Anfangsphase, in der der Ball des Öfteren ins Aus gestochert wird. Nach zehn Minuten scheinen sich die Kickers gefangen zu haben. Eine der wenigen gelungenen Ballstafetten führt zur Einschussmöglichkeit von Calamita. Er scheitert allerdings am Schlussmann der Chemnitzer, der im Stile eines Eishockeytorwarts in gehockter Stellung mehr oder weniger verharrt und prompt angeschossen wird. Die Chemnitzer machen jetzt ernst, entziehen uns den Zugriff auf den Ball und dreschen uns zwei Dinger rein. 25 Minuten gespielt und alles scheint entschieden, weil die Blauen heute nichts gebacken kriegen. Ein kurzes Aufbäumen vor der Pause mit zwei Alutreffern gelingt, Zählbares aber nicht. Pfiffe statt Applaus.

 

„Atemlos durch die Nacht“ startet die zweite Hälfte der Partie. Helene Fischer aufm Subaru-Würfel hätte die Lebensgeister auf der Waldau vielleicht noch einmal geweckt. Den blauen Göttern gelang es heute nicht mehr. Lethargisch verfolgte das hochverehrte Publikum das Geschehen. Das Verwöhnprogramm der letzten Wochen scheint beendet. Für einen minimalen Aufreger sorgte der Schiedsrichter, als er uns für folgende Aktion den fälligen Strafstoß verweigerte: Fennell wollte einen Chemnitzer Verteidiger partout nicht Huckepack nehmen, da er sein Gewicht nicht halten konnte, als dieser voller Karacho aufsitzen wollte. Kurz vor Schluss rammen sich Stein und Baumgärtl vom Flutlicht geblendet gegenseitig nieder. Den wegkullernden Ball vollendet Fink mit gelungenem Beinschuss gegen Fennell. Wenn es nicht läuft, dann richtig. Der himmelblaue Anhang hatte sich bereits teilweise entkleidet und die zahlreichen Zäune des Gästebereiches erklommen. Die Feierlichkeiten dauerten noch an, als ich die Waldau zehn Minuten nach Spielschluss verließ. Ich glaube, die haben sich wirklich gefreut. Dabei hatten sie einfach nur Glück, dass ihnen der Spielplan diesen Termin bereit hielt. In zehn Tagen geht es weiter mit einer englischen Woche. Bis dahin bleibt Zeit sich Gedanken zu machen – für Spieler und Zuschauer.

 

die Bierkiste
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dingdong, neuer Spielstand
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Auswärtssieg - mach disch nackisch
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