Wenn Siege auch weh tun

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13. Spieltag/ 04.10.2014

Stuttgarter Kickers  vs. F.C. Hansa Rostock 3 : 0

Zuschauer: 4.060

1:0 Halimi (11.)

2:0 Soriano (25.)

3:0 Braun (27.)

 

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„Das ist doch Wahnsinn!“ würde Tom Bartels ins ARD Mikrofon tirilieren, „Wahnsinn, was diese Kickers-Mannschaft hier spielt.“ Fürwahr die Kickers auf dem Gipfel ihres Schaffens. Oder doch nicht? Eine Halbzeit der schönsten, schnellsten, geilsten Fußballkunst durch unsere Blauen. Dreinull nach 27 Minuten gegen Hansa Rostock, dazu drei weitere richtig gute Chancen vergeben. „Was ist denn hier los? Es ist unglaublich.“ Bela Rethy´s Redefluss stoppt für einen winzigen Moment der - Ruhe. 

 

Um mich herum feiert man Soriano für sein Zweinull und gerade das man sich wieder platziert hat, fällt auch noch das Dreinull. Ich will auch genießen, so wie das Einsnull durch Halimi, der den Heber von Gerrit Müller von der Brust abtropfen lässt, um sich dann mit Ball durch zwei Rostocker hindurch zu schlängeln und auch noch an Hahnel vorbeilegt. „Wie Messi es nicht besser könnte!“ denke ich und freue mich über das Tor. Wenn Hansa doch wenigstens so tun würde, als ob sie mithalten könnten. Doch Hansa ist heute nicht nur harmlos, sondern präsentiert sich auch noch wehrlos. Die Kickers haben leichtes Spiel und führen die Ostseestädter regelrecht vor. Und da beginnt es dann weh zu tun. In der Anfangsviertelstunde agierte Hansa zeitweise mit einer 6er-Abwehrkette. Genützt hat das nichts, denn die Kickers fanden die Lücken zwischen den hüftsteifen Rostockern.*

 

Dass es einen Heimsieg geben würde,  davon war ich bereits vor dem Spiel überzeugt. Während sich die Kickers in den Vorwochen zu einem der spielstärksten und kämpferisch überzeugendsten Mannschaften entwickelten, rätselt man in Rostock bereits, wer in dieser Liga überhaupt noch von Hansa zu schlagen wäre. Gefühlt hat Hansa seit dem 19.10.2008 kein überzeugendes Spiel mehr abgeliefert. Damals schlug man die TuS Koblenz mit unglaublichen 9:0. Danach ging gar nichts mehr. Nach einigen Unentschieden gab es einen Monat später in zwei aufeinanderfolgenden Montagsspielen erst eine 6:0 Klatsche auf dem Betzenberg, dann eine 0:1 Heimniederlage gegen 1860. Der sofortige Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga rückte in immer weitere Ferne und auch alle weiteren Saisonziele wurden danach jeweils verfehlt. Leistungs- und Hoffnungsträger gingen, Mittelmaß kam, bis auch dieser ging. Gelungene Transfers? Fragt nicht!

 

Hinzu kamen wirtschaftliche Probleme und immer mal wieder eine Rettung vor einer Insolvenz in letzter Sekunde. Wer mit so einem Rucksack durch die Lande zieht, kann wohl nicht mehr befreit aufspielen. Wobei der Anspruch auf schönen Fußball schon lange nicht mehr im Vordergrund steht. „Hauptsache gewinnen. Egal wie.“ – ist schon lange die Devise. Und selbst dieser bescheidene Wunsch geht allzu häufig nicht mehr in Erfüllung.  

 

Selbst als die Kickers in Halbzeit Zwei mehrere Gänge zurück schalten, gelingt es den Hanseaten nicht, spielgestaltend ins Geschehen einzugreifen. Erster und soweit ich mich erinnere einziger Torschuss von Hansa nach 56 Minuten. Die gewonnenen Zweikämpfe dürften sich auch an einer Hand abzählen lassen. Bei den Blauen klappte heute vieles, wenn auch nicht alles. Bei konsequenter Chancenverwertung steht es nach 90 Minuten Achtnull, ohne dass ich jemand darüber zu wundern braucht. Und das ist doch echt der "Wahnsinn".

 

Wahnsinnig gut gefällt vielen immer noch der sich zum Mulifunki entwickelte Gassenhauer von Frau Fischer: "Atemlos ... durch die Nacht....". Ich vernahm aber am Samstag auch schon eine Stimme auf der Haupttribüne, die "diesen Schxxxx nicht mehr hören könne. Zum Kotxxx dauernd dieses ....". Geschmäcker sind verschieden.  

 

Zeit auf die Euphoriebremse zu treten. „Zu Hause“ läuft´s wie geschmiert. Sechs Siege und ein Unentschieden bei einem Torverhältnis von 16 zu 2 stehen dort zu Buche. Aber auswärts sieht es nicht halb so gut aus: fünf magere Pünktchen und Platz 16. Da stehen die Blauen sogar noch hinter Hansa. Kaum zu glauben und Zeit dies zu ändern. Auf geht’s zum Derby gegen die Zweite vom Vorortverein in vierzehn Tagen.

 

Auf die Blaue!


* mehr Bilder und wenig Text unter: Beste Freunde/ Spielzeit 14/15 : Fast ein Nicht-Bericht